4 Troubadoure unterwegs zu Kindern in einem verlorenen Land

Erzähler ohne Grenzen in Palästina im Februar 2015

Wir fahren durch die Dunkel­heit zwis­chen 3 und 5 Uhr mor­gens. Unzäh­lige Lichter auf den Hügeln zwis­chen Beth­le­hem und Jerusalem und über­all links und rechts in der Weite und Nähe. Bis zum Flughafen von Tel Aviv ist das Land nicht ohne men­schliche Sied­lun­gen. Hin­ter uns liegt eine anstren­gende Reise durch die palästi­nen­sis­chen beset­zten Gebi­ete und durch Israel, zu unzäh­li­gen Kinderherzen.

„In wie viele Kinder­au­gen haben wir wohl ein Leucht­en geza­ubert?” fragt Micaela die schweigen­den Mitreisenden. „Wie hier im Dunkeln die Lichter!”, antwortet Roana, die aufmerk­sam am Steuer sitzt. Das kleine Lei­hau­to ist voll mit Gepäck und Erin­nerun­gen von Hel­ga, Roana, Charles und Micaela. Der Abschied voneinan­der macht ein wenig bange. Doch Fre­und­schaft wird bleiben, ganz sicher.

4 Trou­ba­doure der Erzäh­lkun­st durften „ein Band knüpfen” (Roana) zu den Kindern in Palästi­na zwis­chen Nordafri­ka, Europa und Nahost. Wir öffneten gemein­sam vie­len Kindern und manchen ihrer Lehrer und Erzieher Fen­ster und Türen in andere Wel­ten, durch die wir auf den Flügeln der Phan­tasie mit ihnen reis­ten. Wir wün­schen allen so sehr, dass wir ihnen Flügel ver­lei­hen durften, mit denen sie weit­er ohne uns solche Reisen unternehmen wer­den. Denn sie leben inner­halb von Gren­zen, die ihnen Ein­schränkun­gen, Ein­seit­igkeit­en und Demü­ti­gun­gen bere­it­en. Es sind Gren­zen und Beschränkun­gen in ihrer eige­nen Kul­tur, unter­schiedlich bei Mäd­chen und Jun­gen, Män­nern und Frauen, und hohe Mauern, die sich um ihr Land, ihre Herzen und See­len ziehen. Gren­zen in den Köpfen.

„Gib mir meine Freiheit!”

Die let­zte Geschichte, die erzählt wurde, klang noch in uns nach. Roana: „Gestern war schön. Ein ganz anderes Gefühl, wenn die Klassen gemis­cht sind. Das pubertäre Hor­mon­chaos viel präsen­ter. (In Palästi­na wer­den Mäd­chen und Jun­gen, außer in christlichen Schulen, wo auch mus­lim­is­che Kinder ler­nen, getren­nt erzo­gen.) Auf­fäl­lig, wie lieb die Lehrerin sich geküm­mert hat. Schön, wie der Lehrer von der Klasse, die zuerst kam, über­set­zt hat.
Und natür­lich ergreifend das Ende mit Charles “Der Kauf­mann und der Papagei”. Gib mir meine Frei­heit…”
Charles hat­te mit dieser Erzäh­lung in ein­er Schule südlich von Jenin die Tournee begonnen und es war auch seine let­zte Geschichte, dieses Mal für Jugendliche der acht­en Klasse der deutschen protes­tantis­chen Schule in Beit Jala, wo palästi­nen­sis­che Mäd­chen und Jun­gen zusam­men erzo­gen wer­den. Die Lehrerin hat­te Trä­nen in den Augen. Es gibt keinen Erwach­se­nen in diesem Land, der nicht Tag und Nacht mit dem Bewusst­sein der Unter­drück­ung der Rechte und Men­schen lebt.
Am Anfang der Tournee über­set­zte ein junger Kat­e­chis­muslehrer Charles aus dem franzö­sis­chen und war plöt­zlich von der Erzäh­lung so hin­geris­sen, dass aus ihm ein gewaltiges Erzäh­ler­tal­ent her­vor­brach. Seine Begeis­terung sprang auf die vie­len Schüler über.

Lasst es weiter reisen, das Wort!

Ja, Erzäh­ler ohne Gren­zen waren erfol­gre­ich unter­wegs dies­seits und jen­seits der Mauern. Und wir sind sehr dankbar, dass es gelin­gen durfte, was wir uns erhofft hat­ten: Liebe und Freude durch das Wort zu ver­bre­it­en und zu emp­fan­gen.
Oft hat Charles Ace­val die Erzäh­lun­gen so ein­geleit­et: “über­all wo Men­schen sind, lebt das Wort und reist mit ihnen. Und wenn die Men­schen längst fort sind, so lebt das Wort weit­er und die Erzäh­lun­gen reisen mit anderen Men­schen. So ist das Wort heute zu Euch gekom­men. Bewahrt es in Euren Herzen und erzählt es weit­er, Euren Geschwis­tern, Euren Fre­undin­nen und Fre­un­den und Ver­wandten. Lasst es weit­er reisen, das Wort!”

Konkret war es so: Hel­ga Petri, Roana Falken­berg, Charles Ace­val und Micaela Sauber waren 12 Tage unter­wegs im West­jor­dan­land und in Israel. An 9 Tagen gab es 20 Erzäh­lauf­führun­gen in Schulen und Kul­turzen­tren. Wir erzählten meis­tens in deutsch oder franzö­sisch, Naceur Charles nahm sein algerisches Ara­bisch manch­mal zu Hil­fe, manch­mal über­set­zte jemand ins Ara­bis­che, wenn die Fremd­sprachenken­nt­nisse der Kinder ger­ing waren. Geschätzt haben etwa 800 Kinder die Erzäh­lun­gen erlebt. Oft wur­den die Erzäh­lun­gen für jün­gere Kinder mit Bewe­gungsspiel, mit Bildern und einem her­rlichen Ted­dy­bär-Ket­tenkarus­sel begleit­et. Roana blieb noch eine Woche länger, wollte eigentlich Ferien machen, und holte dann allein zwei franzö­sis­che Auf­führun­gen mit dem Bib­liobus nach, die zuvor aus­ge­fall­en waren, weil bei Sand­sturm und starkem Tem­per­atursturz die Schulen in Palästi­na geschlossen wurden.

Das Deutsch Franzö­sis­che Kul­turin­sti­tut — Goethe-Insti­tut und Insti­tut Fran­cais, die in Ramal­lah ein Haus gemein­sam führen, hat­te unsere Tournee organ­isiert bis auf unser let­ztes Erzäh­lereig­nis in der Schule Tal­itha Kumi in Beit Jala bei Beth­le­hem. Wir mussten weit­ere Anfra­gen von Kindergärten in Jerusalem und christlichen Schulen auf das näch­ste Jahr vertrösten, weil wir aus­ge­bucht waren. In der deutsch-protes­tantis­chen Schule Tal­itha Kumi wohn­ten 3 der Trou­ba­doure — Micaela fuhr abends nach Jerusalem und kam mor­gens wieder zurück, sie schlief bei ihrer Fre­undin Bar­bara, ein­er deutschen Israelin, die mit diesem Quarti­er und noch manch anderen Ent­ge­genkom­men unsere Erzählreise tüchtig unterstützte.

Der schwierige Weg nach Jenin (Dschenin)

Schon der Beginn der Reise war mit Über­raschun­gen ver­bun­den: Das Lei­hau­to kam 2 Stun­den zu spät nach Tel Aviv, weil der palästi­nen­sis­che Fahrer am Check­point zum Flughafen nicht prob­lem­los durchge­lassen wurde. Man benötigt einen Wagen mit Lizenz sowohl für Israel wie für die palästi­nen­sis­chen Gebi­ete, und den bekommt man nicht am  Flughafen, dem einzi­gen Ein­reise­tor nach Israel. Micaela mietet seit mehreren Jahren bei ein­er Fir­ma in Ost­jerusalem. Der Wagen wurde gegen einen tüchti­gen Auf­preis (cash und ohne Quit­tung) von einem net­ten Men­schen nach Tel Aviv gebracht. Das japanis­che Auto war dann viel klein­er als gewohnt, dafür nagel­neu, und wir mussten uns und unser Gepäck hinein­quetschen. Änderung nicht möglich. Wir fuhren viel zu spät los und ver­sucht­en uns durchzulavieren, um nach Jenin im Nor­den des West­jor­dan­lan­des zu kom­men. Dort war im Guest­house Cin­e­ma Jenin für uns Quarti­er gebucht. Als wir uns gegen 19 Uhr der Gren­ze zu den beset­zten Gebi­eten unter palästi­nen­sis­ch­er Autorität einiger­maßen genähert hat­ten, war der Check­point zwis­chen Israel und West­jor­dan­land im Nor­den schon geschlossen. Ein Tele­fonat mit unser­er Über­set­zerin in Jenin klärte uns darüber auf und sie riet uns, in Afu­la Quarti­er zu nehmen, ein­er israelis­chen Stadt nördlich dieser Gren­ze und dann früh am Mor­gen ins Cin­e­ma Jenin zu kom­men. Afu­la war abweisend, die Men­schen unfre­undlich und das einzige Hotel wirk­te schmutzig und nicht im Betrieb. Wir wur­den abgewiesen.
Zum Glück, wie wir später fest­stell­ten, denn wir lan­de­ten in Nazareth, wo Micaela und Hel­ga das schöne Guest­house Sim­Sim noch vom let­zten Jahr kan­nten. Es war nicht mehr weit bis dor­thin und Sami, der Besitzer dieses char­man­ten kleinen Hos­tels in der Alt­stadt von Nazareth hat­te noch Bet­ten für uns. Im Win­ter, wenn wenig Touris­ten unter­wegs sind, ist so etwas möglich. Wir hat­ten eine erhol­same Nacht und fan­den am Mor­gen rechtzeit­ig die Straße nach Jenin, allerd­ings erst nach mehrma­ligem Fra­gen.
Denn der Weg zu dieser Stadt im West­jor­dan­land wird erst im let­zten Augen­blick
angezeigt. Unwillig wur­den wir behan­delt von Israelis, fre­undlich beka­men wir den Weg gewiesen von Palästi­nensern. Das Team hat sich bewährt durch die ersten Wider­stände und Prü­fun­gen und die Arbeit als Erzäh­ler ohne Gren­zen kon­nte beginnen.

Die ersten Erzäh­lauf­führun­gen liefen par­al­lel: Hel­ga und Roana erzählten auf deutsch im Cin­e­ma Jenin, über­set­zt von Mar­i­on, ein­er in Deutsch­land aufgewach­se­nen Lehrerin. Roana hielt die Kinder mit Bewe­gungsspie­len in Trapp. Charles und Micaela erzählten franzö­sisch in ein­er katholis­chen Schule südlich von Jenin. Jenin ist inter­na­tion­al recht bekan­nt durch das Free­dom The­atre, das gegrün­det wurde, um Jugendlichen durch The­at­er­ar­beit innere Frei­heit zu ermöglichen. Das war eine sehr wirk­same Reak­tion.
Aus dem Flüchtlingslager Jenin kamen zuvor die meis­ten Selb­st­mord-Atten­täter. Die Ermor­dung von Juliano Mer-Khamis, geboren 1958 in Nazareth, Schaus­piel­er, Regis­seur und Grün­der des Free­dom The­atres, am 4. April 2011 vor seinem The­ater hin­ter­lässt Schmerz und erin­nert an die Auswe­glosigkeit in dieser Welt­ge­gend. (https://de.wikipedia.org/wiki/Juliano_Mer-Chamis) Auch zu Jenin: Der Best­seller “Während die Welt schlief” von Susan Bul­hawa heißt auf englisch: „Morn­ings in Jenin”.
Ein Spazier­gang durch das Markt-Gewusel der Stadt und ein her­rlich­es ara­bis­ches Mit­tagessen run­de­ten den Besuch in Jenin ab, bevor wir in unser Quarti­er in Beit Jala im Süden des West­jor­dan­lan­des aufbrachen.

Nicht alles war gut

Ins­ge­samt war alles mit großer Anstren­gung und einem wun­der­baren Teamgeist gelun­gen bis auf zwei, ja eigentlich drei bit­tere Erfahrun­gen. Ein ehrlich­er Bericht soll auch das erwäh­nen. Eine Ver­anstal­tung war vom Tamer-Insti­tut in Ramal­lah, ein­er Organ­i­sa­tion, die in ganz Palästi­na Bib­lio­theken unter­hält, so schlecht organ­isiert, dass sie ein Rein­fall wurde. 200 Kinder waren in ein­er Schule erschienen und keine Auf­sicht half mit ord­nen­der Hand. Ein Sozialar­beit­er, ein schön­er Mann, ließ sich mehrfach vor vie­len Kindern fotografieren — er benötigte anscheinend Fotos für seine Eigen­wer­bung. Er half erst ein wenig, wollte sich auch mit uns fotografieren lassen, aber dazu kam es nicht, denn er war plöt­zlich ver­schwun­den. Ein unsäglich lautes und chao­tis­ches Vor­pro­gramm sollte die Kinder wohl ein­stim­men. Angekündigt war ein palästi­nen­sis­ch­er Sto­ry­teller, den wir als Kol­le­gen so gerne begrüßt hät­ten, doch das Rem­midem­mi, das er verur­sachte, war nicht das, was für uns sto­ry­telling bedeutet. Als wir auf die Bühne gerufen wur­den, waren Saal und Bühne im Dunkeln. Und da standen wir nun und Micaela musste sich darum küm­mern, dass ein Büh­nen­licht entzün­det wurde. Wir kamen nur bei einem Drit­tel der Kinder durch, der Rest störte und zer­störte. Dieses let­zte Drit­tel blieb dann noch für 2 Erzäh­lun­gen.
Wir zogen anschließend ver­stimmt durch chao­tis­che und schmutzige Randge­bi­ete von Ramal­lah von dan­nen. Hel­ga wurde krank. Eine Lebens­mit­telvergif­tung brach durch, ein Arzt musste bemüht wer­den, es ging ihr gar nicht gut. Sie fehlte uns dann sehr im Team. Am Ende war sie dann wieder dabei und erzählte trotz großer Schwäche.
Eine dritte Erfahrung begleit­ete uns im Hin­ter­grund, die unsere Fried­fer­tigkeit auf die Probe stellte. Im Vor­feld hat­te Micaela sich im Hin­blick auf die Her­aus­forderun­gen bei der Reise von einem Team­mit­glied getren­nt, was Ent­täuschung und Unruhe hervorrief.

Der Kon­flikt, dem wir als Erzäh­ler ohne Gren­zen mit Liebe und Frieden in Palästi­na zu begeg­nen uns bemüht­en, war all­ge­gen­wär­tig.
Wir reis­ten durch ein Land, das Unter­drück­ung, Apartheid, bei den Palästi­nensern viel Chaos und Gewusel, Reich­tum und Armut, Gast­fre­und­schaft und Ablehnung, unge­sunde Ver­hält­nisse aus­dün­stet. Seit dem Gaza-Krieg im Som­mer 2014 kom­men nur noch wenige Touris­ten, davon fast nur organ­isierte christliche Grup­pen ins Land. In der Alt­stadt Jerusalems, son­st prall vor Bun­theit und Geschäft, ist es recht still gewor­den.
Viele Hos­tels und Gäste­häuser hat­ten Absagen und Ver­lust. An manchen Orten scheint das ara­bis­che Leben prall seinen Weg zu gehen wie in Jenin. In Hebrons Alt­stadt wirk­te alles wie in ein­er Art Ago­nie. In Jerusalem, am Rand der Alt­stadt beim Jaf­fa Tor, wurde Micaela in einem Bistro, das son­st ihr Stamm­lokal war, gebeten mitzuteilen, wie lange sie zu bleiben gedenke. Man wollte ihr nicht mehr als eine halbe Stunde geben. Alte Leute wür­den dort abge­set­zt von ihren Ver­wandten, die als Touris­ten durch die Alt­stadt schlen­derten, und blieben stun­den­lang und das wolle man nicht. Man sei hier in Palästi­na und habe sich danach zu richt­en. Doch wir befan­den uns im christlichen Teil der Alt­stadt Jerusalems, beim Jaf­fa Tor. Ob die Basken­mütze, die ich in der Art auf dem Kopf trug, wie es ältere jüdis­che Damen zu tun pfle­gen, das Vorurteil dieses Men­schen ver­stärkt hat­te?
Zum Glück war nebe­nan ein schönes Restau­rant mit gutem Essen und Wein, wo die „alte Dame” sehr willkom­men war und auch Vorteil brachte, egal ob bei langem oder kurzem Ver­weilen. Es gefiel uns hier so gut, dass wir am näch­sten Tag sog­ar unseren Abschiedsabend dort verbrachten. 

 

Heilige Orte — alltäglicher Wahnsinn

Durch Israel und Palästi­na zu reisen, fordert viel Aufmerk­samkeit und Wach­heit. Es ist „Heiliges Land” für 3 monothe­is­tis­che Reli­gio­nen, doch wo ist Heiligkeit? Die · vie­len­Schwierigkeit­en, Feind­seligkeit­en, Missver­ständ­nisse und die Kon­fronta­tion mit Gewalt, Opfer­hal­tung und Hass fordern viel Geduld, um das Anliegen von Erzäh­ler ohne Gren­zen zu ver­wirk­lichen.
Die vie­len Märchen und Geschicht­en tru­gen und begleit­eten uns wie auch unsere wach­sende Fre­und­schaft. Die Schwierigkeit­en und Hin­dernisse, die über­raschen­den unvorherge­se­henen Ver­hält­nisse forderten Verzei­hen und Liebe.

Wer in Bussen mit organ­isierten Reisen durchs Land kommt, heilige Orte besucht und bequem unterge­bracht ist, erfährt vieles nicht, was den täglichen Wahnsinn zwis­chen den Men­schen und Völk­ern dort charakterisiert.

Infor­ma­tiv war fol­gen­der Hin­weis: Die Wasser­boil­er auf den Däch­ern der Israelis sind weiß, die bei den Palästi­nensern schwarz. So kann man mas­siv und bedrohlich wirk­ende Sied­lun­gen inmit­ten des palästi­nen­sis­chen Autonomiege­bi­etes auf Bergen und Hügeln sehen mit weißen Wasser­boil­ern auf den Däch­ern. Die ver­schiede­nen Straßen, auf denen wir fuhren, zeigen sehr unter­schiedliche Qual­ität. Check­points zu israelis­chen Sied­lun­gen sind großzügig, die Straßen bre­it, gut und wenig befahren. Der Check­point in Kalan­dia, das Nadelör zwis­chen Jerusalem und Ramal­lah: ein Alp­traum mit ein­spuri­gen Straßen, Umleitun­gen, Staus, keine Verkehrsregelung. Es soll unan­genehm sein und bleiben, sich hier über die Gren­ze zu wagen. Bewohn­er der palästi­nen­sichen Autonomiege­bi­ete dür­fen nur mit beson­deren Visa, die sel­ten aus­gestellt wer­den, nach Israel ein­reisen.
Die ver­fahrene und fest gefahrene Sit­u­a­tion wird fast täglich der Weltöf­fentlichkeit sig­nal­isiert. Sie ruft Polar­itäten her­vor und ein­seit­iges Pro und Con­tra. Und Hil­flosigkeit. Wir wollen nicht Partei ergreifen, und suchen aus der Hil­flosigkeit her­aus mit unseren Märchen und Weisheit­en im Gepäck einen anderen Weg, der nur von Men­sch zu Men­sch began­gen wer­den kann. Von Angesicht zu Angesicht.

Alles wirk­liche Leben ist Begeg­nung, sagte Mar­tin Buher und es kommt darauf an, Begeg­nun­gen zu ermöglichen, in der Masken fall­en und im Men­schenantlitz etwas zu leucht­en begin­nt. Dieses Leucht­en ist wirk­lich­er als die Maske des Unglücks, Opfers, des Sol­dat­en, Lehrers oder Haus­meis­ters, des Touris­ten oder Tankwartes.

Von Beit Jala nach Izarieh auf der engen palästi­nen­sis­chen, nicht ein­er guten Siedler­straße, benötigten wir einein­halb Stun­den für 30 Kilo­me­ter, fuhren dabei durch grandiose Berg­land­schaften, die wie Riesenele­fan­ten mit vielen.Falten sich kalkig auf dem Grund der Erde aus­bre­it­eten. Izarieh ist ein paläs­tine sis­ch­er Ort, der durch ei,ne Mauer von seinem Lebensstrom in Ost­jerusalem abge­tren­nt wurde und dadurch ver­armte. Der Grund: damit eine große israelis­che Sied­lung, Maale Adu­mim, seinen Raum bekommt und geschützt ist. Der Ort wirkt ver­loren, nicht in einem großen Ganzen einge­bet­tet, wo Han­del und Leben fließen. Da gibt es eine Mäd­chen­schule, die nicht sehr groß ist, aber streng und gut geführt wird. Ein Mon­u­ment ste­ht auf dem Mark­t­platz: Die Form Israels und Palästi­nas — ein riesiger Schlüs­sel geht wie ein Schw­ert hin­durch, eine ara­bis­che Schrift sagt: Das Ziel ist weit und nah zugle­ich. Gemeint ist: Palästi­na ohne Israel.

Wir erzählen in Mäd­chen­schulen von der Frei­heit und der Wahrheit, gek­lei­det in die Gewän­der der Märchen. Die Mäd­chen liebten uns und die bei­den franzö­sis­chen jun­gen Frauen, die den Bib­lio­theks­bus des deutsch-franzö­sis­chen Kul­turin­sti­tutes durchs Land kutsch­ieren und Schulen auf­suchen, die keine Bib­lio­theken besitzen, kamen zu dem Ein­druck, dass sie so gerne auch Erzäh­ler­i­nen sein woll­ten. Audrey schreibt in face­book, 4 Tage, nach­dem wir fort sind: „Moi je vous dis a tous les con­teurs un grand mer­ci, nous avons partage un tres beau moment avec vous, les enfants chantent et con­tent encore!” (Euch Erzäh­lern sage ich ein großes Dankeschön, denn wir haben sehr schöne Augen­blicke miteinan­der ver­bracht. Die Kinder sin­gen und erzählen noch immern

In der Pause in Izarieh woll­ten viele Mäd­chen mit Charles sprechen und auch am lieb­sten ihn anfassen (ein Mann!), aber ein hässlich­es weib­lich­es Geschrei durch einen Laut­sprech­er ver­scheuchte sie. „So schön die Poe­sie der ara­bis­chen Sprache, so schlimm ist ihr Schimpfen”, brachte Charles es wieder auf den Punkt.
Er hat­te vom Sul­tan und der alten Frau erzählt — über die Wichtigkeit der kleinen Dinge auch im Dienst für Gott, und auch von Habra der Tochter des Löwen und der unheil­bar ver­let­zen­den Macht des Wortes, sog­ar wenn es sor­g­los in Abwe­sen­heit von Betrof­fe­nen aus­ge­sprochen wird. Denn, wer weiß, ob es nicht zu ihm getra­gen wird. Immer war das Salem-Aleikum-Lied von Charles der Eis­brech­er und die rhyth­mis­chen fröh­lichen Bewe­gungsmärchen von Roana ver­bre­it­eten riesige Freude. Es ist schade, dass der Bib­liobus nur sel­ten Jun­gen-Schulen anfährt. So haben wir nur in den christlichen Schulen auch für Jun­gen erzählen kön­nen und in der deutschen „Fre­itagss­chule”, wo Kinder jeglich­er Herkun­ft im Pub­likum saßen. In Hebron kon­nten wir zwei Jun­gen, die auf der Straße herum­lungerten zum Helfen ein­laden — das tat­en sie mit Begeis­terung, bis Ver­ant­wortliche sie zur Erzäh­lver­anstal­tun hin­auswer­fen wollten.

Die kleine Laterne

Von der Wan­derung eines Märchens, erzählte Micaela den staunen­den­Mäd­chen. Die Kleine Lat­er­ne, ein Märchen des palästi­nen­sis­chen Schrift­stellers Ghas­san Khanafani, der 1972 mit sein­er geliebten Nichte, damals 18jährig, durch eine Auto­bombe in Beirut ums Leben kam, hat­te Micaela mit gebracht. Kanafani hat­te dieses Märchen für die achtjährige Lamis gedichtet. Es kam über Odile Neri-Kaiser, eine franzö­sisch-deutsche Kol­le­gin zu Micaela auf franzö­sisch, wurde dann nach Gaza getra­gen und auf englisch erzählt, und reiste mit Asma Qwaider nach Deutsch­land, nach Ham­burg. Asma hat dieses Märchen in wun­der­schöne far­bige Trans­par­ente umge­set­zt. Micaela zeigte die tief , leuch­t­en­den Bilder und erzählte auf franzö­sisch, ganz ein­fach, mit falsch­er Gram­matik, und das Märchen ist zu allen gekom­men. Es fie­len Rosen vom Him­mel, so schön war es, trotz kurios­er Störun­gen. Während der stim­mungsvollen Erzäh­lung klopfte ‚es in Abstän­den an die eis­erne Tür des Klassen­raumes: Sie ging auf und ein Tablett mit Kaf­fee und Wass­er erschien, eine kleine gütig und dienend gebeugte ältere Frau fol­gte. Dies wieder­holte sich dreimal. Gast­fre­und­schaft geht vor.

Auf dem Rück­weg spricht Roana mit zwei israelis­chen Sol­datin­nen, die den Ein­gang zu Maale Adu­min, der riesi­gen Sied­lung im Südosten von Jerusalem bewachen, Kaf­fee­bech­er in der recht­en, die linke auf dem Maschi­nengewehr, das über der Schul­ter hängt. Drei junge Frauen. „Hätte ich die in Ham­burg getrof­fen, wäre eine davon ein schüchternes Mädel.„ Roana erfährt von ihnen die Rich­tung, wohin wir fahren sollen, um den Check­point nach Jerusalem zu find­en. Der ist aber noch weit und und wir müssen noch mehrmals fra­gen; bis ein net­ter Palästi­nenser mit ordentlich­er Alko­hol­fahne ein­stieg, sich ein Stück mit­nehmen ließ und uns den richti­gen Weg zeigte. Europäis­che Pässe in der Hand wer­den wir durchgewinkt.

Kuriositäten am Wegrand

In Beth­le­hem prangt an einem großen herunter gekomme­nen Hotel etwas abseits der Geburt­skirche der Name: „Naiv­i­ty”. Das „t” ist ver­loren gegan­gen. Nur rund um die Kirche der Geburt Jesu ist Wohl­stand und in eini­gen weni­gen Hotels. Mer­ry Christ­mas über­all. In Beth­le­hem ist immer Wei­h­nacht­en, und der Valentin­stag äußerst beliebt sog­ar die Ted­dy­bären wer­den rot.
Auf dem Berg der Selig­preisun­gen, den wir am freien Tag besucht­en, stand ein Brun­nen mit einem Zitat von Jesus mit der Auf­forderung „Kommt zu mir, damit ich von dem Wass­er gebe, das nicht mehr dürsten macht”. Daneben ein Schild: „Trinken ver­boten”. Auf dem Weg zu den Cha­gall-Fen­stern im Hadas­sah Kranken­haus von Jerusalem ein Weg­weis­er: „Impa­tients” Wohin man hier wohl die Ungeduldigen führt?

Wir trafen nach unser­er Arbeit oben auf dem Ölberg, den Chris­ten heilig, auf S hmutz im äußeren und auc’h im Innern. Ein „Restau­rant Mount of Olives” arm, kaputt, ver­dreckt an einem Ort, aus dem man ein Juwel machen kön­nte. Schräg gegenüber ein Kebap- und Eis­laden: „Heav­ens Gate”. Mül­lansamm­lung auf dem Stromkkas­ten. Später war zu hören: Es gibt keine Müll­be­häl­ter, weil die für Bomben benutzt wer­den kön­nten. Dort auch
bewaf­fente israelis­che Sol­dat­en, am ver­wais­ten Spielplatz und auf einem Mäuerchen am Park­platz. Der Park­platzfritze ver­langte zu viel, bewachte gar nichts, son­dern schlief in seinem Wagen, nach­dem er uns für 5 Autos Gebühren abgenom­men hat­te, Als dann noch ein dick­er Mann aus seinem teuren Gelände-Van klet­terte, der den Ein­gang zur Him­melfahrt­skirche versper­rte und Weg­zoll nehmen wollte, platzte Micaela der Kra­gen. Wir beg­nügten uns mit dem kosten­losen Anblick des Felsendoms, von dem der Prophet Muhammed zum Him­mel aufgestiegen sein soll.

Wir sitzen an dem trost­losen Ort auf dem Ölberg, trinken Tee mit Sal­bei aus kleinen Plas­tik­bech­ern, der etwa 2.50 Euro pro Por­tion kostet. Der Besitzer hockt am Note­book nebe­nan, sein ärm­lich ausse­hen­der Sohn, der uns Mitleid heis­chend in dieses Haus gelockt hat, ver­schwindet an einem smarten phone fum­mel­nd auf die Straße. Der Wirt des trost­losen Restau­rants mit dem ungenutzten 1 Mil­lion Dol­lar Aus­blick auf dem Dach sagt: „Die Juden sind ein Kreb­s­geschwür in diesem Land.„ Er spricht gern mit Charles, weil er Algerier ist und hat dabei ein dif­fus­es Brud­erempfind­en. Er sagt, Charles sei zum Tee ein­ge­laden, die bei­den Frauen soll­ten aber bezahlen. Der Preis war ja auch so hoch, dass Charles’ Tee ohne weit­eres mit bezahlt wurde. Essen möcht­en wir hier nichts. Es is·t unappetitlich.

Roana hat vorhin auf der Mauer bei Isarieh dies ent­deckt: „Tobe a father reminds you on your heart”. Wie schön, wenn ein­er das so erlebt, dass er es an die Mauer schreibt. Wir find­en, dass Märchen erzählen eine müt­ter­liche Qual­ität hat und gren­zen­los ist.

Es ist Sand­sturm und die Sonne sieht weiß aus. Der halbe, der Alt­stadt von Jerusalem zuge­wandte Ölberg ist mit stein­er­nen jüdis­chen Gräbern bedeckt. Wie, wenn irgend­wann kein Platz mehr ist für Gräber? Nie wird eines aufgelöst, auf der ganzen Welt nicht.
Ein schmaleres Stück mit Ölbäu­men und grünem Gras weit­er im Osten lässt das Auge atmen. Wir hören, dass „Tal­itha Kumi”, wo wir ja wohnen, also die protes­tantis­che Kirche Deutsch­lands dort einen Ölbaum­garten besitzt. Das wun­der­bare Olivenöl kann erwor­ben wer­den im Guest­house von „Tal­itha” wie alle diese Schule nennen.

Im west­lichen Jerusalem mieten Eltern fre­itags Räume ein­er Schule, die ara­bis­che und jüdis­che Kinder erzieht. Die Kinder dieser „Fre­itagss­chule”, eben­falls aus ver­schieden­er Herkun­ft, bekom­men dort deutschen Unter­richt. Wir erzählen ihnen ver­schiedene Märchen. Hel­ga erzählt die nor­wegis­che Zot­tel­haube, Micaela den kleinen Papagei, der aus Mitleid nicht ab ließ, gegen ein großes Feuer zu kämpfen, Roana von dem Glöckchen, das glück­lich macht. Sie ver­schenkt kleine Glöckchem am Arm­band, sog­ar die Jun­gen wollen eins haben. „Am Fre­itag fand ich ganz berührend, wie ein kleines Mäd­chen nach den Erzäh­lun­gen zu mir kam und nach mein­er Adresse gefragt hat. Sie will mir gerne einen Brief schreiben und möchte am Son­ntag schon mal anfan­gen. Viele von den Kindern haben gefragt ob sie ihren Freunden/Freundinnen und/oder Geschwis­tern ein Glöckchen mit­brin­gen dür­fen. Sie woll­ten ihnen dann auch die Geschichte erzählen. Und als mich ein Kind beim Hin­aus­ge­hen wieder­erkan­nt hat, erzählte sie mir gle­ich, dass sie die Geschichte schon weit­er erzählt hat und das Glöckchen verschenkt.”

Wahat al Salam — Neve Shalom — Das Friedensdorf

Am freien Tag, auf dem Weg nach Nazareth zu unserem schö­nen Guest House Sim­Sim (http://www.simsim-guesthouse.com/) macht­en wir halt bei dem Friedens­dorf Wahat al-Salam Neve Shalom, wo Palästi­nen­sis­che und jüdis­che Fam­i­lien zusam­men leben in gle­ich­er Anzahl, um für eine friedlichen Zukun­ft zu wirken. (http://wasns.org/) Es gibt dort eine Schule, wo die Kinder des Dor­fes, aber auch aus der Umge­bung zweis­prachig erzo­gen wer­den und viele Tagun­gen zur Frieden­sar­beit. Ein wun­der­bar­er Ort, an dem man auch Bun­ga­lows mieten kann. Eine Dame, die ara­bisch, englisch und hebräisch spricht, begrüßt uns fre­undlich und erzählt von diesem wichti­gen Ort. Wir ver­beu­gen uns vor dieser Gemein­schaft und ziehen weit­er, um Kräfte für unsere Arbeit zu schöpfen und unseren eige­nen Frieden suchend in diesen Ver­hält­nis­sen, die einem glauben machen wollen, dass es möglich ist in Zig­tausenden kleinen Par­al­lel­wel­ten sich das Leben ein­richt­en zu kön­nen ohne Friedenswillen im sozialen Miteinander.

Und die vier Trou­ba­doure? Zu ihnen passt das Zitat des Dichters Franz Milan „Auch Du bist nur ein Trou­ba­dour, der kommt und singt und wieder geht.”

Micaela Sauber

Impressionen von Roana Salome Falkenberg, die als Nachwuchserzählerin im Februar 2015 im Palästina-­Team mitreiste

Der Wind fegt durchs Haar rüt­telt und schüt­telt
trägt den Mu’azz­in von Berg zu Berg. Träume wer­den an die Wäscheleine gehängt für bessere Zeit­en
für die Erin­nerung an die Wurzeln oder aus träger Gewohn­heit.
Der Schlüs­sel zu den Türen liegt ver­graben So lange schon
dass Ort und Zeit mit dem Mül­lau­to davon getra­gen wur­den. Manche Fen­ster sind offen manche zer­brochen
not­dürftig aus­gebessert
und manche zum Schutz vor der Welt mit schw­eren Vorhän­gen bestückt.
Im Haus gehen die Lich­er an Stim­men wirbeln durcheinan­der und erzählen Geschicht­en
vom Anfang der Zeit.
Eine Bilder­flut steigt von der Seele auf über­schwemmt das ganze Land
während Bana­nen­stau­den und Oliven­haine vertrock­nen.
Die Geschicht­en bleiben ver­lieren sich ineinan­der
während sich Schritte ihren Weg bah­nen eingepfer­cht in Wegen aus Angst
und Mauern aus Schmerz.
Am Ende des Weges ste­ht ein Schild mit “Leben ver­boten”
und “Frei­heit unter­liegt dem Gesetz”.
Der Glaube an einen Gott aus Geset­zen
und die Ver­ant­wor­tung liegt im Massen­wahn.
So zart nur brechen die Blüm­chen unter dem Asphalt her­vor während das Land unter den Man­del­bäu­men erblüht.
Während ich mein Schiff rüste und zu neuen Ufern segel.
Der Wind weht kräftig
die Träume flat­tern im Wind
und vor mir liegt der Ozean mit all seinen Schätzen.

Sonntag 15.2.2015

Nach­dem ich alle meine 7 Sachen gepackt habe, mache ich noch das Auto sauber und tre­ffe Fedi in der
Küche an. Wir ste­hen zusam­men in der Küche, er lässt mich seinen frisch zubere­it­eten Kuchen pro­bieren und ein Wort fol­gt dem näch­sten. Die Sit­u­a­tion der Palästi­nenser, seine Träume, Ängste --

Gott und die Welt. Es gibt ein paar sehr reiche Palästi­nenser, man kann sie an zwei Hän­den abzählen, die die Erlaub­nisse haben sich immer und über­all zwis­chen den beset­zen Gebi­eten und Israel zu bewe­gen. Dafür haben sie aber auch ein Jahre­seinkom­men, was jenes der restlichen Palästi­nenser zusam­men gerech­net über­steigt. Gerechtigkeit? Wo kom­men wir hin, wenn wir all die schreck­lichen Fak­ten aufzählen, die uns von den Medi­en um die Ohren geschla­gen wer­den. Ich würde ganz sich­er depres­siv wer­den. Fedi stimmt mir zu. Er ver­sucht sich auf schönere Dinge zu konzen­tri­eren -­- sein leck­er und schön zu bere­it­etes Essen oder noch lieber seinen Traum: In Thai­land ein Restau­rant
auf­machen. Vor Jahren hat er eine ältere thailändis­che Lady ken­nen gel­ernt, die ihm eine Mut­ter wurde. Sie hat eine Reiseagen­tur und gemein­sam feilen sie an ihrer Idee ein Restau­rant in Thai­land aufzu­machen. Etwas wagen, Mut stärkt das Herz! Und was braucht man mehr, wenn man von so viel Hoff­nungslosigkeit umgeben ist? So viele Gren­zen auf einem so kleinen Streifen von Land -­- so viele Gren­zen in den Köpfen. In Thai­land -­- Fedi begleite seine Wahlmut­ter bere­its zweimal und lernte Fre­unde und Fam­i­lie von ihr in Thai­land ken­nen -­- lieh er sich einen Roller aus und fuhr. 10 Stun­den lang fuhr er ein­fach nur durch die Natur, durch Städte -­- immer weit­er und weit­er. Das ist Frei­heit! Das ist Frieden! Hier kann ich höch­stens bis Jeri­cho fahren (ca. 1 Stunde), für alle anderen Streck­en brauche ich ein­er Erlaub­nisse der Israelis. Für Chris­ten gibt es an Wei­h­nacht­en und Ostern eine Erlaub­nis 10 Tage lang von 10 -­- 19h nach Israel “einzureisen”. Wer nach 19h durch einen Check­point will, muss seinen Fin­ger­ab­druck dort lassen. Passiert dies drei mal, bekommt er nie wieder einen Erlaub­nis nach Israel zu reisen. Ich wün­sche Fedi aus tief­stem Herzen, dass sein Traum Wirk­lichkeit wird und er die Art von Frei­heit und Frieden fühlen darf, nach der er sich sehnt!

Montag 16.2.2015

Im Edu­ca­tion­al Book­store darf man sich selb­st so lange parken, wie man
will! Her­rlich, bei Kaf­fee und Kuchen lässt es sich noch bess­er leben, bzw. vor­bere­it­en und nachar­beit­en. La vérité et le con­te -­- un mar­riage très spé­ciale­ment. Die Stun­den ziehen vor­rüber, wie die Wolken am ver­reg­neten Jerusalemhim­mel. Dann gehts weit­er nach Ramal­lah. Moham­mad tre­f­fen, der einen Schlaf­platz für mich haben soll. Als wir uns am Arafat Square tre­f­fen, begleit­et in ein junger Kore­an­er.
Moham­mad muss noch zu einem tre­f­fen, wir wer­den der­weil im Ramal­lah Café geparkt. Dort sollen
Fre­unde von ihm sein, er wird später nachkom­men. Im Ramal­lah Café sind bish­er nur Män­ner, eine ver­rauchte Tabla-­-S­tim­mung beherrscht die Räum­lichkeit­en. Bald kom­men auch die Fre­unde, eine Deutsche, eine Spane­r­ien und eine Mexikaner­in. Dann kommt noch ein Palästi­nenser und zwei weit­ere Couch­surfers. Bish­er weiß noch kein­er, wo wir schlafen wer­den. Ich pack meinen restlichen Whiskey aus und stoße mit mir sel­ber an. Am Anfang ist die Stim­mung noch höflich, bis bald die Handys aus­gepackt wer­den und Fotos geteilt und gemacht wer­den. Wie kann man sich son­st später noch an all die Par­tys erin­nern? Zwis­chen­durch ergeben sich nette und lustige Gespräche. Und sog­ar inter­es­sante. Gefühlt arbeit­et jed­er zweite in Ramal­lah in ein­er NGO. Und dann sind da noch die tages­the­men. Die regel­rechte Abschlach­tung der 21 Ägypter in Libyen. Stille macht sich bre­it. Ich kann mir die Fotos und Videos nicht anschauen. Ich muss an mein Gespräch mit Fedi denken. Was passiert mit dieser Welt? Wo kom­men wir hin, wenn wir uns mit all diesen Nachricht­en beschäfti­gen? Mor­gen gibt es einen Trauer­marsch in Ramal­lah, in Gedenken an die geköpften Kopten. Schließlich kommt Moham­mad und wenig später auch Mohanad. bei Mohanad sollen wir schlafen, aber bis dahin ste­ht uns noch ein weit­er Weg bevor. Es wird ger­aucht, getrunk­en, ger­aucht, getrunk­en, Fotos hier und da. Zwis­chen­durch kann ich mich zurück­lehnen und jeden einzel­nen beobacht­en. Immer wieder wahnsin­nig faszinierend. Wenn ich nicht so müde wer­den würde.. Dann geht es noch weit­er zu ein­er Fre­undin, die eine Ausstel­lung hat. Es gibt zwei Autos, das Gepäck wird ver­laden und wir mit. Die Austel­lung ist bei ihr zu Hause, nur wusste
sie davon nichts. Macht aber nichts. Die Bilder wer­den her­aus gekramt und aufgestellt. Auf dem Boden in der Eck­en liegen ein paar Kerzen. Ob wir gestört haben? Die Bilder sind wahnsin­nig aus­drucksstark und geben tiefe Ein­blicke in das Leben ein­er palästi­nen­sis­chen Frau. Puu­uh. Viele dun­kle Far­ben, die Men­schen guck­en ernst, sehr stolz und auch sehr streng. Hin­ter einem Cel­lospiel­er leuchtet ein helles Licht. Auf einem anderen explodieren die Far­ben -­- wie ein Vulkan oder auch ein Geschlecht ein­er Frau. Es wird gequatscht, bald ist Tay­beh-­-Fes­ti­val. Die lokale Bier­brauerei stellt nun auch Wein her. Konkurenz zu dem Star von Beth­le­hem. Dann wer­den alle wieder in die zwei Autos ver­laden. Jo muss noch unbe­d­ingt ein Bier trinken gehen und weil wir bei ihm im Auto sitzen, sitzen wir qua­si alle in einem Boot. Er ist der Steuer­mann. Na gut, von La Vie hab ich schon gehört. Aber Geld aus­geben möchte ich nicht mehr. Lieber für ein Taxi heim. Aber auch das wird noch über­standen und dann gehts zu unserem Nacht­lager. Es gibt ein Bett zu wenig, net­ter­weise werde ich ein­ge­laden mit Mohanad das Bett zu teilen. Zum Glück ist der Aus­tralier fre­undlich und bietet mir seine Matratze an, er schläft auf der Couch im Wohnzimmer.

Dienstag 17.2.2015

Es ist bit­terkalt und um näch­sten Mor­gen wach ich völ­lig über­müdet auf, aber mit der Gewis­sheit, das sich mir ganz schnell eine andere Unterkun­ft suchen muss. Wie wun­der­schön waren die let­zten zwei Wochen! Immer eine schöne Unterkun­ft, ein Bett, Dusche, Früh­stück, alles sauber bis total liebevoll ein­gerichtet und tagsüber immer ein Auto. Wun­der­bar kom­fort­a­bel. Die Dusche ist ver­dreckt und kaputt, also wasch ich mir nur schnell den Rauch aus den Haaren und mach mich auf den Weg zum Goethe-­-In­sti­tut. Ich bin sog­ar zu früh, aber zum Glück langsam ein biss­chen wach­er. Audrey kommt, wir fahren los und -­- grâce à la vie! -­- sie hat Kaf­fee dabei und schöne Musik. Es wird warm im Auto und wir unter­hal­ten uns angeregt über Gott und die Welt. Mein Wohlge­fühl stellt sich langsam wieder her und als sie mir anbi­etet die näch­sten Nächte bei ihr zu schlafen, fall­en mir die restlichen Steine von den Schul­tern. Puuh. Als wir in Qalqilya ankom­men, fängt es leicht an zu reg­nen. Aber es ist wärmer, ca. auf der Höhe von Herzeliya (nord­west­lich von Ramal­lah), merkt man den Tem­per­atu­run­ter­schied. Die Kinder freuen sich! Und nach ein biss­chen Chaos, mehreren Tees und Kuchen kommt eine Klasse und die Büch­er wer­den aus­ge­tauscht. Die Zeitschriften müssen von ein­er Lehrerin kon­fisziert wer­den, weil sich Eltern über manche Inhalte beschw­ert wer­den. Der Bib­liobus soll seinen guten Ruf nicht ver­lieren. Danach gehen wir in die 7. Klasse. Manche Kinder habe ich schon auf dem Schul­hof getrof­fen. Sie kom­men zu mir, umar­men mich, zeigen Herzen mit ihren Hän­den. Die erste Geschichte -­- la vérité et le con­te -­- wird begeis­tert aufgenom­men. Vok­a­beln wer­den angeschrieben und die Lehrerin -­- selb­st berührt von dem Inhalt -­- über­set­zt fleißig. Die zweite Geschichte -­- la four­mi amoureuse -­- kommt weniger gut an. Der Anfang ist bere­its heikel. Le roi Salomon se trou­ve dans le désert. Aber der König Salomon ist hier der Prophet Suleiman. Ok. Als die kleine Ameise schließlich von der Auser­wählten ihres Herzens spricht, darf Audrey nicht weit­er über­set­zen -­- Habibi und Qal­bi wird durch Ehe­mann erset­zt. Die ganze Geschichte ist etwas ver­wirrend für alle, die Moral der Geschichte ist laut der Lehrerin: “jed­er stirbt eines Tages”. Mmmh. Die Klatschspiele wer­den wieder begeis­tert mit­gemacht und als es klin­gelt, erbet­teln die Kinder noch weit­ere fünf Minuten von der Lehrerin. Salam aleikum ist ein schön­er Abschluss. Fotos, Umar­mungen und dann geht es weit­er zur 8. Klasse. Auch hier lauter aufgeweck­te, inter­essierte Mäd­chen! Sie fol­gen der Geschichte ges­pan­nt, freuen sich und kön­nen vor allem nicht genug bekom­men! Am Schluss sind Audrey und ich von ein­er Horde Mäd­chen umringt, die alle unsere Namen auf einem Blatt Papi­er geschrieben bekom­men wollen. Unsere erste Auto­gramm­stun­den! Die näch­ste Stunde -­- Tee kochen ler­nen -­- fängt an und wir gehen zurück zum Bus um uns auf den Heimweg zu machen. Im Auto tauschen wir uns über die Märchen aus, die Kinder, die Lehrerin und über­legen kurz, was wir am näch­sten Tag machen kön­nen. Audrey erzählt auch ein biss­chen über das Goethe-­-in­sti­tut. Der Kon­takt zu den Mitar­beit­ern des Goethe-­-In­sti­tutes in Israel ist etwas schwierig.
Sog­ar hier ist die Gren­ze zu spüren, die Tren­nung. Bei dem let­zten Tre­f­fen aller Mitar­beit­er des Goethe-­- Institues aus Palästi­na und Israel ent­stand eine kurze Auseinan­der­set­zung, die diese Tren­nung deut­lich macht. Die Pro­jek­te des Goethe-­-In­stitues soll­ten auf ein­er Land­karte mit Nadeln fest­ge­hal­ten wer­den, um einen Überblick zu bekom­men und das Net­zw­erk sichtabr zu machen. Dabei kam nun die Frage auf, ob ein Unter­schied zwis­chen den Pro­jek­ten des palästi­nen­sis­chen und des israelis­chen Goethe-­-In­sti­tutes gemacht wer­den sollte. Darauf meldete sich ein junger deutsch­er Mitar­beit­er des israelis­chen Institues zu Wort: “Aber das ganze Land ist doch Israel, ich ver­ste­he nicht warum wir einen Unter­schied machen soll­ten??” Bei Audrey angkom­men, mach ich mich direkt auf den Weg zu mein­er let­zten Unterkun­ft.
Ein­er der Couch­surfer soll zu Hause sein und weil mir nun die let­zten Nächte in den Knochen steck­en, mach ich mich sofort auf den Weg meine Sachen zu holen um abends schön entspan­nt auf der Couch zu liegen. Tja, als ich nach ein­er knap­pen Stunde ankomme, ist kein­er zu Hause. Die anderen Couch­surfer sollen sich ein anderes Quarti­er suchen, es gibt irgen­dein Prob­lem. Ich fahr wieder zurück, hole mir über­teuertes Man­a’ish, fut­ter bis mir übel ist und schlafe schließlich ein. Als ich aufwache, klin­gelt das Tele­fon, Moham­mad hat unsere Sachen gepackt -­- meine dreck­ige Unter­wäsche flog irgend­wo herum! -­- und so tre­f­fen wir uns im Ramal­lah Café. Durch einen Hin­ter­aus­gang gelan­gen wir auf einen Park­platz, sam­meln unsere Sachen zusam­men -­- einiges muss noch hin und ger getauscht werde. Eine skurile Sit­u­a­tion, aufgeris­sene Ruck­sacke, not­dürftig zusam­mengeknäulte Schlaf­säcke, tausend Tüten und alles im Licht ein­er Taschen­lampe. Schließlich ist alles halb­wegs ver­packt und ich mach mich mit dem Kanadier und der Aus­tralierin auf den Weg zu mein­er Unterkun­ft, um noch die let­zten Klam­ot­ten beieinan­der zu find­en. Ich bedanke mich trotz­dem für die Unterkun­ft -­- kommt ein­fach im Ramal­lah Café vor­bei, vielle­icht kön­nen wir mal was zusam­men trinken. Ok, mal sehen. Grad möchte ich nur noch schlafen..

Mittwoch 18.2.2015

Endlich mal wieder aus­geschlafen! Wie wun­der­bar, mit Tee und Kek­sen kann der Tag begin­nen. Audrey und ich wollen uns in ein­er Stunde tre­f­fen, um nach Qalqilya zu ein­er franzö­sis­chen Jun­gen­schule zu fahren. Ein langer Weg, aber ich freue mich! Als ich jedoch die Vorhänge öffne -­- hop­pala, hat es geschneit? -­- nein, aber ein dichter Nebel liegt über den Häusern und es reg­net Band­würmer. Damit fällt unsere Tour in den Nor­den ins Wass­er, denn wir die Straße ist ohne­hin schlecht aus­ge­baut und bei solch einem Regen sam­melt sich das Wass­er in den Schlaglöch­ern und in der Flachen Ebene liegen ganze Straßen unter Wass­er. Wir wollen schließlich nicht unser Leben aufs Spiel
set­zen. Also wird kurz alles umor­gan­is­ert und kurz darauf laufen wir zu ein­er Mäd­chen­schule in Ramal­lah. Die Bib­lio­thekarin empfängt uns her­zlich und kurz darauf kommt die Hälfte der 2. Klasse zu uns. Sie sprechen kaum Franzö­sisch, aber Audrey über­set­zt wie immer wun­der­bar und wir haben sehr viel Spaß miteinan­der! Bei der Bären­jagd sind alle aus­ge­lassen und als die Bib­lio­thekarin sponatn zum Bär wird und uns ver­fol­gt, kön­nte die Stim­mung nicht fröh­lich­er und aus­ge­lassen­er sein! Zum Schluss sin­gen wir noch Salam Aleikum und schon heißt es Mer­ci et au revoire. Die Mäd­chen kom­men und umar­men mich und wollen gar nicht gehen. Aber die Zeit ist um und die andere Hälfte der Klasse wartet schon. Ich freu mich noch bei so kleinen Kindern erzählen zu dür­fen und auch mit den näch­sten Kindern haben wir viel Spaß! Dann gibt es eine kurze Pause und -­- Ramal­lah ist wirk­lich eine Blase, in der jed­er jeden ken­nt! -­- Audrey hat das fehlende Puz­zlestück zu der Geschichte mit Moham­mad und Mohanad.
Mohanad wurde von Frau und Kindern ver­lassen, die Asyl in Schwe­den beantragt haben. Durch Face­book hat der Brud­er von Mohanads Exfrau ein Foto gese­hen, dass Mohanad mit anderen Aus­län­dern trink­end und rauchend in sein­er Woh­nung zeigt. Daraufhin kam er kurze Hand vor­bei und hat ihn mit Worten und Fäusten zur Rechen­schaft gefordert, da die Woh­nung offiziell immer­noch Mohanad und sein­er frau gehört. Die Polizei kam und Mohanad saß ein paar Stun­den im Unter­suchung­shaft. Das macht auch das Rauswer­fen der

Couch­surfer und die Park­platzsi­t­u­a­tion etwas ver­ständlich­er. Audrey und Ver­e­na (eine neue Prak­tikan­tin des Goethe-­-In­sti­tutes) gehen zurück zum Insti­tut und ich hole mir noch schnell ein paar feine Sachen beim Bäck­er. Dann kommt die dritte Klasse mit ein­er sehr stren­gen Lehrerin. Mit ihrer
Trillerpfeife um den Hals und Respekt ein­flößen­dem Blick hält sie die Kinder im Schach. Lei­der auch bei der Bären­jagd mit der anderen Hälfte der Klasse. Zwis­chen­durch greift sie ein paar franzö­sis­che Wörter auf und freut sich -­- wie schön, wenn nicht nur die Kinder Spaß haben! Gegen Ende wird es etwas anstren­gend. Eine Franzö­sisch-­-Lehrerin hat keinen Klassen­raum, daher unterichtet sie ihre Kinder auch in der Bib­lio­thek, die Stim­men über­schla­gen sich, die Tür geht immer wieder auf und die Kinder wer­den unruhig. Zum Glück merkt das auch die Bib­lio­thekarin. Wir alle ver­suchen etwas leis­er zu sein und auf einan­der Rück­sicht zu nehmen. Ich bekomme noch mehr heißen Tee und Kaf­fee und merke langsam, dass der -­- zum Glück warme, aber auch ziem­lich stick­ige -­- Raum mir zu schaf­fen macht. Die Kinder machen toll mit und für mich ist es ein schön­er Abschluss ein­er unvergesslichen Reise! Danke an Micaela, Hel­ga und Charles für euche 1001 Geschicht­en, für eure Weisheit, euren Humor, eure Kraft und euer Ver­trauen in mich! DANKE DASS ICH DABEI SEIN DURFTE! Danke an alle, die geholfen haben, dieses Pro­jekt möglich zu machen! Für die Organ­i­sa­tion und Unter­stützung, das Inter­esse und die Aufmerk­samkeit! Danke an alle die leuch­t­en­den Kinder­au­gen, die schö­nen Momente, die unbezahlbaren Erfahrun­gen -­- all das nehme ich mit in meinen Ruck­sack und bin froh, dass man es nicht in Kilos aufwiegen kann, denn dann müsste ich wohl ein paar Mil­lio­nen Übergepäck zahlen!

Roana Salome Falkenberg

reiste schon als Jugendliche und junge Erwach­sene gerne durch die Welt und lebte ein Jahr lang in Jerusalem. Sie studierte Eth­nolo­gie und Islamwis­senschaft, lernte Ara­bisch und Hebräisch und war immer wieder für län­gere Zeit im Nahen Osten. Ihre Liebe zur Bewe­gung fing mit Reit­en und Tur­nen an und endete im Zeit­genös­sis­chen Tanz -­- Jahre­langes Train­ing in Team­sport Hand­ball und in der Capoeira, der Bezug zur Natur durch Segeln, Sur­fen, Joggen und lange Rad­touren und der beson­dere Bezug zum Ori­en­tal­is­chen Tanz prägten ihren Stil. Sie ist aus­ge­bildete Tanzpäd­a­gogin und Chore­ografin, Geschicht­en­erzäh­lerin und Astrol­o­gis­che Bera­terin. Heute arbeit­et und lebt sie als Tänz­erin, Per­formerin und Erzäh­lerin in Berlin.

roana-salome.de

Ein grenzenloses Palästina für die Erzähler des Bibliobuses

Viele Men­schen auf der Straße ken­nen den Bib­liobus schon, wenn er auf seinen Wegen durch Palästi­na zieht mit dem Slo­gan: “Wenn die Kinder nicht zu den Büch­ern kom­men kön­nen, kom­men die Büch­er zu den Kindern.” 2011 ent­stand der Bib­liobus aus ein­er Koop­er­a­tion des Insti­tut Français und des Goethe Institues aus Ramal­lah. Vom 7. bis zum 13. Feb­ru­ar 2015 begleit­ete der Bib­liobus die “Erzäh­ler ohne Gren­zen” in zahlre­iche Schulen und Ein­rich­tun­gen: in Ramal­lah, Hebron, Jenin und Jerusalem. Neben den zwei deutschen Erzäh­lerin­nen Hel­ga und Roana haben Micaela Sauber und Naceur-­-Charles Ace­val an dem Aben­teuer teilgenom­men und unsere Fra­gen auf Franzö­sisch beantwortet.

© Bib­liobus

Wie ist die Idee der “Erzähler ohne Grenzen” entstanden?

Micaela Sauber und Naceur-­-Charles : Die Idee der “Erzäh­ler ohne Gren­zen” wurde vor neun Jahren auf eine Ini­tia­tive von Micaela in Deutsch­land geboren. In den let­zten drei Jahren ist das Pro­jekt gewach­sen und viele pro­fes­sionelle Erzäh­ler haben sich uns angeschlossen/sind hinzu gekom­men. Das Ziel ist es die Märchen und Geschicht­en untere­inan­der auszu­tauschen, sie zu teilen und gemein­sam mit den Zuhör­ern auf eine Reise zu gehen. Wir waren mit unseren Geschicht­en schon im Libanon, in Bosnien, Kroa­t­ien und Slowe­nien.
Ist es das erste Mal, dass ihr nach Palästi­na kommt?

Micaela : Ich kenne Palästi­na gut, ich war acht Mal im Gaza-­-Streifen und fünf Mal im West­jor­dan­land um Kunst­werk­stät­ten zu erricht­en und Märchen zu erzählen. Im Gaza-­-Streifen habe ich außer­dem zwei Erzäh­lerin­nen aus­ge­bildet, Tahany und Amani, die nun für “Erzäh­ler ohne Gren­zen” arbeit­en. Sie erzählen jeden Sam­stag in den Schulen und im Kinder­garten in Gaza--Stadt (?).

© Audrey Cogu­iec et Lucie Gallissot

 

Wie habt ihr angefangen zu erzählen?

Micaela : ich erzäh­le seit unge­fähr 30 Jahren tra­di­tionelle Märchen und Sagengeschicht­en und das Erzählen wurde schnell zu einem lei­den­schaftlichen Beruf. Als der Krieg in Ex-­-Ju­goslaw­ien im Jahre 1992 aus­brach, bin ich nach Kroa­t­ien und Bosnien gefahren um den All­t­ag mit den Men­schen dort zu ver­brin­gen und sie an die Heilkräfte der Geschicht­en zu erin­nern. Meine erste Reise nach Ex-­- Jugoslaw­ien war eine Offen­barung, mein Herz begann so stark für das Erzählen von Märchen zu schla­gen! ich habe dort Erzäh­ler aus­ge­bildet und Erzählrun­den organ­isiert um Licht in den All­t­ag der Kinder zu brin­gen, der von dem Krieg über­schat­tet wurde.
Naceur-­-Charles : Die Geschicht­en haben mich gewählt. Ich komme aus ein­er Nomaden­fam­i­lie, wo die Geschicht­en und die mündlichen Erzäh­lun­gen einen großen Raum ein­nehmen. Ich erin­nere mich, dass meine Mut­ter abends für uns Kinder im Kerzen­schein Geschicht­en erzählte. Es war ihre Art uns die Angst vor dem Krieg und den Hunger vergessen zu lassen. Erst als ich 50 Jahre alt war, habe ich das erste Mal erzählt, in Frankre­ich, auf den Impuls eines großen franzö­sis­chen Erzäh­lers, Bruno de la
Salle. Ich hat­te außer­dem das Glück, dass ich mit dem großen franzö­sis­chen Schrift­steller Hen­ri Gougaud erzählen kon­nte und er mich ermutigt hat meinen Weg als Erzäh­ler weit­er zu gehen. Meine Schwest­er, die Schrift­stel­lerin und Erzäh­lerin Nora Ace­val, ist eine wichtige Quelle der Inspi­ra­tion für mich. Ich suche meine Geschicht­en entsprechend der Gefüh­le aus, die sie bei mir aus­lösen, sie zu erzählen ist wie ein Geschenk weit­er zu geben.

 

Welche Botschaft wollt ihr den Kindern hier überreichen?

Micaela Sauber und Naceur-­-Charles : Es ist wichtig die Kinder zu ermuti­gen die Geschicht­en, die sie hören mitzunehmen und ihre eigene daraus zu machen. Die Worte verän­dern sich je nach­dem von wem eine Geschichte erzählt wird. Und die Kinder tra­gen mit uns die Ver­ant­wor­tung, dass die Geschicht­en am Leben bleiben, dass sie mit den eige­nen Worten weit­er erzählt wer­den. Auf diese Art und Weise hören die Geschicht­en nie auf, sie reisen und verza­ubern jeden, der ihnen begegnet/ bleiben als Wun­der erhalten.

 

Was bleiben euch von den Erfahrungen in Palästina (besonders) in Erinnerung?

Micaela Sauber et Naceur-­-Charles : Jede Vorstel­lung war anders, jedes Pub­likum hat seine eige­nen Gefüh­le aus­ge­drückt. Der Besuch in der l’Association France-­-Hébron war sehr beson­ders und eine sehr schöne Erfahrung. Das Lachen der Kindern und der Son­nen­schein in ihren Gesichtern begleit­et uns bis heute. Es ist eine Verbindung zwis­chen uns ent­standen und die Geschicht­en haben einen Raum eröffnet, in dem wir uns aus­tauschen und ein Stück Leben /Momente teilen kon­nten. Wenn man Geschicht­en hört, ver­lässt man den All­t­ag und taucht in eine gemein­same Welt ein (das Universum).

© Lucie Gallissot

 

 Um mehr zu erfahren, besuche uns auf Face­book Bib­liobus oder auf auf unser­er Inter­net­seite l’Institut Français de Ramallah.